Frühmittelalterliche Bestattung
Im Jahre 1976, bei einer Modernisierung der Höhlenbeleuchtung, wurde ein Stück Knochen im Höhlenlehm gefunden. Der Höhlenverein Sontheim e.V. meldet diesen seltsamen Fund umgehend an das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (heute: Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg), Außenstelle Tübingen. Es werden 1977 zwei Ausgrabungtermine festgesetzt. Die Grabung wird von Dr. Hartmann Reim geleitet, bei welcher die Lehmschicht bis auf den anstehenden Felsen abgetragen und geschlämmt, damit auch kleinere Fundstücke sichergestellt werden können. Zwischen Stalagmiten, Sinterspalten und Deckenverbruch werden auf einer Fläche von circa 4 x 4 Metern Knochen, vermodertes Holz, Korallenstücke und Bronzedraht ausgegraben.
Die Knochen liegen völlig durcheinander und sind zertrümmert. Dies lässt darauf schließen, dass die Grabstätte schon in früheren Jahren – vermutlich im Mittelalter – von Grabräubern geplündert und zerstört wurde. Die Knochen gehören zu mindestens 14 Individuen, darunter ein Säugling sowie fünf Kinder und Jugendliche. Spuren von vermodertem Holz lassen darauf schließen, dass die Toten entweder in Holzsärgen oder auf Holzbrettern bestattet wurden – also kann man davon ausgehen, dass es sich um eine würdevolle Bestattung handelte. Die Frage, warum die Bestattung in der Höhle vorgenommen wurde, wird sicherlich nie geklärt werden.
Abb. 14: Ausgrabungen 1977
Bei den Toten werden 169 Perlen gefunden, teils aus primitivem Glas, mit gelben Verzierungen und verschiedenen Durchmessern, weitere aus blauem und grünem Glas, außerdem röhrenförmige Korallenstücke, kleine Bronzebruchstücke sowie vier Eisennägel. Mit Hilfe der Perlen lässt sich das Alter der Grabstätte anhand von Vergleichsstücken bestimmen. Danach müssten die Toten im 4. Jahrhundert n. Chr. beerdigt worden sein.
Im Mai 1977 werden bei Ausbauarbeiten in der Höhle weitere menschliche Knochen gefunden: ein männliches Skelett, dessen Knochen schon mit einer dicken Sinterschicht überzogen sind. Der Kopf fehlt und es sind auch keine Grabbeigaben zu finden. Die Knochen werden mit der 14C-Methode auf den Zeitraum von 845 bis 715 vor unserer Zeitrechnung ermittelt – somit ist dieser Fund 1 000 bis 1 200 Jahre älter als das oben genannte Alemannengrab.
Abb. 15: Perlenketten aus dem Archeologischen Ladensmuseum Baden-Württemberg/Ulmer Museum
Barbara Kreuzer (gekürzt)
Weitere Informationen in der Broschüre zur Sontheimer Höhle, erhältlich an der Höhlenkasse.